Dienstag, 13. Dezember 2016
Nach vier heißen Tagen auf See durchs Rote Meer ankerten wir an der Pier von Aqaba/ Jordanien. Ein bisschen mehr nach links zur anderen Seite hätten wir in Eilat/ Israel festgemacht. Aber irgendwo in der Mitte des hier sehr schmalen Roten Meers verläuft die Landesgrenze.
Wir ankerten also vor Aqaba/ Jordanien, und ich fieberte.
Ich fieberte Petra entgegen, der antiken Felsenstadt. Soviel von gehört, unglaubliche Fotos von gesehen. Jeder, der schon mal dort war, hatte uns beschworen: da müsst ihr unbedingt hin!
Wir buchten, und weil die Temperaturen in Petra bei kühlen 9° liegen sollten, rund 20° weniger als am Roten Meer, wappneten wir uns mit langen Hosen, Jacken, Schal, Socken in Sportschuhen, und zur Unterstützung nahmen wir noch die Walkingstöcke mit. Wir kamen als Letzte in den Bus hinein und mussten ganz hinten auf die Armsünderbank, wo die Zentrallüftung uns volle Kanne auf den ohnehin schon kranken Kopf blies. Wir hüllten uns in unsere Schals und Tücher und oberflächlich betrachtet ähnelten wir wahrscheinlich den Nomaden, die vor Urzeiten bereits hier lang gezogen sind. Wenn auch nicht gerade in einem ollen Bus.
Wir fuhren auf der „Königsstraße“, der Route 35. Diese Straße wird schon in der Bibel erwähnt, sie ist über 4000 Jahre alt und führt hoch bis nach Damaskus. Eine sehr abwechslungsreiche Straße mit tollen Ausblicken. Teilweise geht es hoch bis auf 1600 Meter, wo jetzt Ende Dezember Schnee liegen dürfte. Es dauerte, bis wir Petra erreichten. Schon von weitem sahen wir die roten Gebirgsgipfel, die Petra umschließen und lange versteckt gehalten haben. Dann waren wir da.
Ein bisschen Geschichte: Petra gehörte den Nabatäern, einem der begabtesten Völker der Geschichte. Sie beteiligten sich am Karawanenhandel, wurden dadurch sesshaft und durch ihre Geschicklichkeit wurden sie mit der Zeit zu unbestrittenen Herren der regionalen Handelsrouten. Sie kassierten Zoll und gewährten dadurch den Karawanen Schutz, die so ihre Waren ungehindert transportieren konnten. Durch diese reichen Einnahmen wurden die Nabatäer mächtig, und sie errichteten ein großes Königreich, das von Damaskus bis zur Negev-Wüste reichte und auch noch Teile des Sinai umfasste. Das machte sie zu Herrschern über einen großen Teil Arabiens. Aber es ging nicht ewig gut. Sie waren dem römischen Reich ein neidischer Dorn im Auge, und 106 nach Christus wurde Nabatäa dem Römischen Reich einverleibt. Das war der Anfang vom langsamen Ende. Der Handel ging zurück, der Wohlstand versiegte und Petra verfiel. Aus der vor Leben strotzenden Stadt voller Reichtum mit den gepflasterten Straßen, blühender Landwirtschaft, Kultur und Wissen wurde eine vergessene Stadt voller geschichtsträchtiger Ruinen. Irgendwann nach dem 14. Jahrhundert geriet es in seiner Abgeschiedenheit vollkommen in Vergessenheit, bis der Schweizer Johann Ludwig Burckhardt es 1812 wieder entdeckte.
Vom Besucherzentrum aus ging es vorbei an den ersten monumentalen Blockgräbern. Rundum rosarotes Felsgestein, urig, fremdartig, faszinierend. Aber noch nichts gegen den Siq, den Hauptzugang nach Petra seit Urzeiten, eine gut einen Kilometer lange Felsschlucht, die den Blick auf den Himmel verwehrt und einem wie ein bedrohlicher Wächter der Antike vorkommt. Nur ab und zu nach einer Biegung strahlt die Sonne durch die Felsen und läßt sie aufleuchten. Verschlungene Enge aus bizarr geformtem, rosigem Fels, senkrecht aufragend. Andächtig tapperte ich vorsichtig über die noch ursprünglichen Pflastersteine, wo schon vor Tausenden von Jahren die Pilger gegangen waren. Davon, dass hier ein Pilgerweg gewesen sein muss, zeugen die noch schwach erhaltenen Gebetsnischen. Auch Wasserrinnen und Dämme, in den Fels gehauen, erzählen aus uralten Zeiten. Kleine Zottelpferdchen aus dem Jetzt holpern in halsbrecherischer Geschwindigkeit mit ihren Kutschen hintendran ihre fußkranken Besucher von A nach B. Wer vorher noch nicht „Rücken“ hatte, kriegt ihn spätestens bei dieser Fahrt. Nur so als Warnung.
Dann, plötzlich, tut sich die Schlucht auf, und wir schnappen nach Luft: Vor uns ragt das Schatzhaus auf, das Al-Khazneh, das vielleicht bekannteste Bauwerk Petras. Mit Hammer und Meißel aus dem Fels gehauen. Unglaublich.
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